Sie haben geglaubt, einen Brunnen zu finden oder eine Zisterne. Doch nach zwei Tagen intensiver Arbeit war die Enttäuschung erstmal groß: Keine neue Wasserquelle auf der Burg Hilpoltstein.
Doch nach und nach hellten sich die Mienen auf. Bernhard Häck, archäologischer Grabungsleiter und als Leiter der Hohlraumerforschung beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD), die vielen Grabungshelfer vom Museums- und Heimatverein Hilpoltstein (MuH) und die Förderer vom Rotary Club Roth hatten statt Wasser etwas Außergewöhnliches gefunden: eine mittelalterliche Kühlanlage im Felsenkeller der Burg. Häck bezeichnete diese Entdeckung als eine archäologische Sensation, wobei ein bauähnlicher „Kühlkeller“ bisher auf bayerischen Burgen fehlt.
Der Hilpoltsteiner „Kühlschrank“ wurde wohl im 14./15. Jahrhundert in den anstehenden Burgsandstein geschlagen, also weit vor der Zeit, als die Pfalzgrafen-Witwe Dorothea Maria die Burg ausbaute und bewohnte. Das Raffinierte an diesem gut zwei Meter tiefen „Loch“: es gibt in ihm drei Kühlzonen. Man konnte also die verschiedenen Lebensmittel unterschiedlich tief lagern und hatte somit die ideale Aufbewahrungstemperatur. Die Grabungsergebnisse erlauben erste Einblicke in die Vorratshaltung auf der Burg Hilpoltstein. Anhand der Archäologischen Funde wurde dieser „Kühlkeller“ wohl noch bis in das frühe 19. Jahrhundert hinein genutzt, bevor er von den Burgbesitzern aufgegeben und verfüllt wurde.
Bei den Ausgrabungen zeigt sich auch, dass die Zugänge zu dem Raum mit dem „Kühlkeller“ wie auch der Zugang zum Burgbrunnen (ein sogenannter Brunnenstollen) im sogenannten Gegenortverfahren aus dem Felsen geschlagen wurden. Diese im vorderen Orient vor über vier Jahrtausenden entwickelte Technik nennt sich dort Qanat-Bauweise und wurde zum Bau von unterirdischen Wasserleitungen genutzt. Das Wissen über die Bauweise gelangte über die Kreuzzüge nach Europa und ist bis auf wenige Ausnahmen auf Burgen unüblich. In Hilpoltstein liegen jedoch zwei derartige Bauwerke unmittelbar nebeneinander.
Auch die unweit südöstlich der Burg liegende und mit großen Sandsteinquadern überwölbte Kelleranlage lässt das Forscherherz höherschlagen. Sind hier doch die Bauweise und die Nutzungsgeschichte „in Stein gemeißelt“.
Am kommenden Sonntag, 22. Juni, kann die Bevölkerung die Anlagen und alle damit verbundenen Fundstücke besichtigen. Grabungsleiter Bernhard Häck präsentiert bei zwei Führungen um 11 Uhr und um 14 Uhr die Anlage samt Funde wie Knochen, Mäuseschädel, Reste eines Schafsgebisses oder Scherben von Keramikgefäßen und erläutert auf spannende Weise die Zusammenhänge zwischen dem Felsenkeller und der Burg.
Der Museums- und Heimatverein Hilpoltstein bittet darum, den Beginn der beiden ca. einstündigen kostenlosen Führungen einzuhalten, damit nicht allzu viel Unruhe durch ständiges Kommen und Gehen entsteht. Es empfiehlt sich, festes Schuhwerk und warme Kleidung anzuhaben.
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